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Der „Maschinenspinner“

Das Bauen mit dem Rohstoff Holz boomt. Der Zillertaler Holzbaumeister Johannes Erler hat es sich zum Ziel gesetzt, die traditionelle Arbeitsweise seines Berufes durch die neuesten Entwicklungen in der robotergestützten Fertigung weiterzuentwickeln.

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Perfekte Werbung – das Passivhaus von Johannes Erler
© Axel Springer
 

Johannes Erler ist ein sogenannter Early Adopter, wenn es um die Nutzung der neuesten Technologien in seiner Branche geht. Der 33-jährige Holzbaumeister, der sich selbst gerne als „Maschinenspinner“ bezeichnet, führt seit dem Jahr 2010 sein eigenes Unternehmen, das sich in den letzten acht Jahren von einem Einzelunternehmen mit einem Mitarbeiter zu einer der erfolgreichsten Holzbaufirmen Tirols entwickelt hat. Mittlerweile beschäftigt Erler 19 Mitarbeiter. Im letzten Jahr konnte das Unternehmen seinen Umsatz um 35 Prozent steigern. 

Einer der Hauptgründe für diesen Erfolg sind die innovativen Fertigungsverfahren, die in der Zimmerei-Holzbau Erler zur Anwendung kommen. In der im Jahr 2014 in Holzbauweise neu errichteten Fertigungshalle der Zimmerei steht eine der modernsten Abbundmaschinen Tirols, die Hundegger K2i. Sie übernimmt das Anreißen, Bearbeiten, Zusammenpassen und Kennzeichnen von Schnitt- und Rundholz, das später in den Baustellen des Unternehmens verbaut wird. Durch die Investition in modernste Fertigungstechnologien konnten sich
Johannes Erler und sein Team einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz erarbeiten, der in den nächsten Jahren durch die Weiterentwicklung der maschinellen Fertigung noch weiter ausgebaut werden soll. 

Jung und Innovativ

Johannes Erler arbeitet in einem der ältesten Berufe der Menschheitsgeschichte, trotzdem ist er das genaue Gegenteil von konservativ. Im Jahr 2000 beginnt Erler eine vierjährige Doppellehre zum Maurer und Zimmerer. Schon während seiner Lehrzeit zeigt sich, dass der junge Handwerker aus dem Zillertal zur Arbeit mit dem Rohstoff Holz tendiert. Er macht seine Gesellenprüfung und besucht nach dem Präsenzdienst die Bauhandwerkerschule an der HTL für Bau und Design in Innsbruck. „In der Zeit meiner Lehre hat sich der Holzbau wirtschaftlich stark entwickelt und ich habe darin viel Potential für mich selbst gesehen. Schon nach dem Abschluss habe ich festgestellt, dass mir die reine Anstellung in einem Unternehmen zu wenig ist. Aus dieser Überlegung heraus habe ich mich entschlossen, den Meister zu machen“, erinnert sich Erler. Den Meisterbrief erhält er im Jahr 2008. Erler wird gemeinsam mit einem weiteren Anwärter aus Ostösterreich zum jüngsten Holzbaumeister der Republik.

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Aus Holz wird Haus – der Stil der Häuser von Erler ist schon zu seinem Markenzeichen geworden.
© Axel Springer
 

Durch die neuen Maschinen benötigen wir weniger Mitar­beiter in der Fertigung und können die
vorhandene Arbeitskraft in der Montage nutzen.
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Johannes Erler, Geschäftsführer

Da bei Erlers damaligem Arbeitgeber Innovation nicht unbedingt großgeschrieben wird, entschließt sich der junge Holzbaumeister dazu, im Jahr 2010 selbst ein Unternehmen zu gründen. Die Holzbaubranche im Zillertal boomt. Immer mehr Hoteliers, aber auch Privatpersonen entscheiden sich dazu, bei Neu- und Ausbau ihrer Gebäude auf den Rohstoff Holz zu setzen. Jedes Jahr kann Erler neue Mitarbeiter einstellen. Im Jahr 2014 entscheidet er sich dazu, eine neue Fertigungshalle zu errichten. 2015 wird die Abbundmaschine K2i angeschafft. Durch sie kann Erler Fertigungsgeschwindigkeit und -genauigkeit seiner Holzbauteile erhöhen und Mitarbeiter effizienter und kostengünstiger arbeiten lassen. 

Das Risiko der Investition in die innovative Fertigungsanlage zahlt sich für den Jungunternehmer aus. Die Umsätze steigen, und auch die Menge des verarbeiteten Holzes wächst jedes Jahr. 2017 werden 2.500 Kubikmeter an Fichten-, Lärchen- und Eichenholz in der Zimmerei von Johannes Erler verarbeitet.

Die Zukunft des Bauens

Für Johannes Erler liegt die Zukunft der Baubranche im Baustoff Holz. Es ist ein natürlicher und nachwachsender Rohstoff, dessen Verwendung für ein angenehmes und gesundes Wohnklima sorgt. Die Holzmenge, die für ein Einfamilienhaus gebraucht wird, wächst in Österreichs Wäldern innerhalb von 40 Sekunden wieder nach. Ein weiterer Vorteil des modularen Holzbaues, wie Johannes Erler ihn betreibt, ist die enorm kurze Bauzeit, vor allem im Vergleich zum Bauen mit Ziegel oder Beton. Auch Schimmelbildung kann durch den Einsatz des Naturstoffes fast vollständig vermieden werden. 

Holz lässt sich fast überall einsetzen, egal ob im optischen oder konstruktiven Bereich. Der Werkstoff kann in jeglicher Anwendungsform überzeugen. Ein besonderes Anliegen von Erler ist die Niedrigenergie- und Passivbauweise, bei der aufgrund der verbesserten Wärmedämmung und des Funktionsprinzips, mittels Wärmetauscher Lüftungswärmeverlust zu vermeiden, keine klassische Gebäudeheizung mehr benötigt wird. „Dem Passivhaus gehört die Zukunft. Ein Haus hat ja nicht nur Errichtungskosten, man muss auch die Erhaltungskosten miteinrechnen. Die Anschaffungskosten bei so einem Haus sind sicherlich höher. Rechne ich aber die Ausgaben über die ganze Nutzungsdauer des Gebäudes, dann rentiert sich das auf jeden Fall“, so der Holzbaumeister, der selbst in einem Passivhaus in Massivholzbauweise lebt. 

Auch bei gewerblichen Objekten und im kommunalen Bau sollte in Zukunft mehr auf energiesparende Bauweisen aus Holz gesetzt werden, findet Erler: „Das Land Tirol hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 energieautonom zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird viel mehr in Passivbauweise gebaut werden müssen, denn was Luftdichtheit und Wärmeleitung angeht, gibt es keine Alternativen zum Holz.“ 

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Die Fertigungshalle mit der Abbundmaschine Hundegger K2i © Axel Springer

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Holz dominiert in der Fertigungshalle der Zimmerei-Holzbau Erler © Axel Springer

Dem passivhaus gehört die zukunft.

Johannes Erler, Geschäftsführer

Maschinen statt Lehrlinge

Obwohl der Holzbau boomt, kann Erler diesen Aufschwung nur bedingt nutzen. Seit drei Jahren tut sich der Meisterzimmerer immer schwerer, neue Arbeitskräfte für sein expandierendes Unternehmen zu finden. Vor allem Lehrlinge sind kaum mehr zu haben. Für das Jahr 2019 musste Erler sogar schon einige Aufträge absagen, da die notwendigen Arbeitskräfte fehlen, um sie zu meistern. 

In den nächsten Jahren möchte Erler öfter als Generalunternehmer auftreten und Häuser schlüsselfertig für seine Auftraggeber herstellen. Um mit diesen Wachstumsplänen mithalten zu können, hat er sich dazu entschlossen, weiter in den Ausbau seiner maschinellen Fertigung zu investieren: „Wir planen eine Erweiterung in der maschinellen Wandproduktion. Wir wollen die Genauigkeit unserer Produkte noch weiter erhöhen und müssen natürlich auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Durch die neuen Maschinen benötigen wir weniger Mitarbeiter in der Fertigung und können die vorhandene Arbeitskraft in der Montage nutzen.“

Auch die digitale Vernetzung von Planungsbüro, Werkstatt und Baustelle will Erler in den nächsten Jahren ausbauen. Früher machte Erler die Planung selbst, mittlerweile hat er zwei Techniker eingestellt, die mithilfe eines 3D-Zeichenprogramms detailgetreue und fotorealistische Darstellungen der Projekte anfertigen, die direkt von den Fertigungsmaschinen übernommen werden können. 

Neue Generation von Handwerkern

Johannes Erler ist das Paradebeispiel einer neuen Generation von Handwerkern, die die technischen und wirtschaftlichen Chancen des 21. Jahrhunderts erkennen und in ihrem Unternehmen umsetzen. „Jeder spricht von der Digitalisierung, die ist bei uns schon Realität. Vom Auftragseingang über die Abwicklung bis hin zur Abrechnung funktioniert bei uns alles digital“, erklärt Erler.

Auch beim Thema Ausbildung will der Jungunternehmer vorne bleiben. Die Zimmerei-Holzbau Erler ist Mitglied des Netzwerkes Passivhaus und des Holzbauteams Tirol. Beide Plattformen bieten Weiterbildungsprogramme für Lehrlinge und Facharbeiter, die Erler und seine Mitarbeiter dabei unterstützen, sich ihre fachlichen Qualifikationen weiterzuentwickeln und neue Strategien für die Zukunft des eigenen Unternehmens zu erarbeiten. 

Warum Wirtschaftsbund?

Ein junges Unternehmen wie das von Johannes Erler verlangt auch nach einer modernen Interessenvertretung. „Als Jung­unternehmer ist es wichtig, eine Interessenvertretung zu haben, die sich für unsere Belange einsetzt. Wenn man das alles alleine durchziehen muss, ist man einfach aufgeschmissen. Der Wirtschaftsbund schaut darauf, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Betriebe verbessern und man nicht von gesetzlichen Reglementierungen erdrückt wird. Deswegen bin ich dabei“, erzählt Erler.

teamfoto_sept18_01_web-1812957e Holzbaumeister Johannes Erler – Wir sind Wirtschaftsbund
Das junge und motivierte Team der Zimmerei-Holzbau Erler
© Axel Springer